Kein Klo über den Wolken

Seit 2 Monaten ist sie in Kraft, die neue EU Verordnung zum barrierefreien Flugverkehr. Die lang ersehnte Verordnung schreibt den Fluggesellschaften unter anderem vor, Passagieren bei Bedarf Hilfestellungen zu leisten, damit sie die Bordtoiletten erreichen und nutzen können. Theoretisch sollte es nun also für Passagiere mit Mobilitätseinschränkungen möglich sein, auf einem europäischen Flug die Toilette erreichen zu können. Ich selber bin im Rollstuhl unterwegs und so freute ich mich auf einen Flug, bei dem ich erstmals im europäischen Flugraum eine Toilette benutzen würde.

Doch es kam anders. Auf meinem Flug zwischen Hamburg und Paris wurde ich eines besseren belehrt: weder auf dem Hin- noch auf der Rückreise war der Flieger von GELÖSCHT so ausgestattet, dass ich eine Toilette benutzen konnte. Wortwörtlich heißt es ja in der Verordnung: „Erforderlichenfalls Hilfe, um zu den Toiletten zu gelangen.“ Genau um diese Hilfe bat ich die Stewardess, nachdem ich den dringenden Wunsch verspürt, eine Toilette aufzusuchen. Die Stewardess gab mir jedoch bald zu verstehen, dass Sie mir bedauerlicherweise nicht helfen könnte. Auch ein hinzugeholter Steward konnte nicht weiterhelfen. Ein Bordrollstuhl, mit dem der Transfer zwischen dem Sitzplatz und der Toilette realisiert hätte werden können, war an Bord nicht verfügbar und zur Toilette wollte, konnte oder durfte man mich nicht tragen. Das wäre zugegebenermaßen auch nicht meine Wunschvorstellung gewesen, dennoch ist man zu vielem bereit, wenn die Blase drückt. Aber tragen wollte man mich nicht. Also blieb ich ruhig auf meinem Sitz und sehnte dem nächsten Klo im Flughafen entgegen.

Die Rückreise verlief dann ähnlich: nach über drei Stunden, wovon ich  etwa eine Stunde wegen einer Startverzögerung im Flugzeug gesessen habe, konnte ich das erste Mal wieder eine Toilette aufsuchen. GELÖSCHT war auch auf dem Rückflug nicht entsprechend ausgestattet, die  gesetzlich geforderten Hilfestellungen zu geben. Nur hatte ich diesmal vorgesorgt und schon Stunden vorher nichts getrunken. Eine gleiche Situation wie auf dem Hinflug wollte ich nicht noch einmal erleben.

Gleich am nächsten Tag reichte ich eine schriftliche Beschwerde ein. In einer umgehend erfolgten Antwort brachte GELÖSCHT zwar ihr Bedauern über die „Unannehmlichkeiten“ zum Ausdruck, war sich jedoch keinerlei Pflichtverletzung bewußt.  Mein Hinweis, dass kein Bordrollstuhl zur Verfügung gestanden hätte, wurde mit folgenden Worten quittiert: „Es ist darin (in der EU Verordnung) nicht festgelegt, dass ein Bordrollstuhl auf einem Mittelstreckenflug mitgeführt werden muss“.

Unter dem Strich bleibt festzustellen: Nach wie vor kann man als Rollstuhlfahrer bei GELÖSCHT so gut wie keine Toilette benutzen. Zu befürchten ist allerdings, dass GELÖSCHT nicht die einzige Fluggesellschaft ist, die sich weigert das Fliegen barrierefreier und damit menschlicher zu machen. Auch die Deutsche Lufthansa windet sich seit mittlerweile drei Monaten unrühmlich gegen eine Anfrage, ob sie einen Bordrollstuhl auf europäischen Flügen bereitstellt.

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