EU Kommission

Parlamentarische Anfrage von Ulrike Rodust (SPD) an die Kommission (Originalanfrage unter www.europarl.europa.eu)

Anfrage 22.4.2010

Betrifft: Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 im Hinblick auf die Bereitstellung von Bordrollstühlen für behinderte Flugreisende

Nach der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006(1) über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität vom 5. Juli 2006 sind Luftfahrtunternehmen verpflichtet, Hilfeleistungen an Bord eines Flugzeugs zu erbringen, u. a. auch „… erforderlichenfalls Hilfe, um zu den Toiletten zu gelangen“(2). Dies könnte im Fall eines Bürgers, der sich an mich gewandt hat, insbesondere durch die Bereitstellung von sogenannten Bordrollstühlen erfolgen, die dazu geeignet wären, den Weg zur Toilette vom Sitzplatz zurückzulegen.

Bisher kommen die Fluggesellschaften dieser Verpflichtung nicht oder nur unzureichend nach, obwohl dieser Bürger dies regelmäßig und entsprechend dem in Artikel 7 der Verordnung vorgesehen Verfahren bei den Fluggesellschaften angefragt hat. Die Verordnung sieht einen eigenen Beschwerdemechanismus vor(3), mit dem der betroffene Bürger seine Rechte leider nicht effektiv durchsetzen konnte.

Es bestehen vor diesem Hintergrund Zweifel, ob diese Regelungen in der jetzigen Ausgestaltung wirksam den Rechten von Menschen mit Behinderungen im Flugverkehr Geltung verschaffen und ob die Vorschriften zur Durchsetzung ausreichen. Eine Konkretisierung dieser Regelungen erscheint mir erforderlich zu sein, auch vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Artikels 26 über die Integration von Menschen mit Behinderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der beschlossenen Ratifikation der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die EU.

1. Sind der Kommission diese Probleme bei der Anwendung der Verordnung bekannt?

2. Ergibt sich aus Sicht der Kommission aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 eine Verpflichtung des Luftfahrtunternehmens, einen Bordrollstuhl bereitzustellen, wenn dieser zum Aufsuchen der Toilette an Bord benötigt wird?

3. Hat die Kommission Informationen darüber, wie der Beschwerdemechanismus nach Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 genutzt wird und in wie vielen Fällen eine Beschwerde von behinderten Flugreisenden oder Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität Abhilfe geschaffen hat?

4. Gedenkt die Kommission, tätig zu werden und die Verordnung anzupassen?
(1) ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 1.
(2) Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 in Verbindung mit der Anlage II.
(3) Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006.

Antwort 3.6.2010

E-2654/10DE
Antwort von Herrn Kallas
im Namen der Kommission
(3.6.2010)

Auf der Grundlage der von Passagieren und nationalen Aufsichtsbehörden erhaltenen Informationen scheint eine mangelnde Hilfe der Luftfahrtunternehmen für Personen mit eingeschränkter Mobilität beim Aufsuchen der Toilette bislang kein größeres Problem dargestellt zu haben.

In jedem Fall sieht die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 ein Recht der Personen mit eingeschränkter Mobilität auf Hilfeleistungen der Luftfahrtunternehmen vor, um zu den Toiletten zu gelangen. Daher ist dieses Recht in der Verordnung, genauer gesagt in ihrem Anhang II, präzise festgelegt.

Faktisch bedeutet dies, dass die Luftfahrtunternehmen verpflichtet sind, diese Hilfe mit allen Mitteln zu leisten. Wie in den Artikeln 10 und 4 Absatz 1 Buchstabe a der oben genannten Verordnung angegeben, sind Abweichungen, sofern sie sicherheitsrelevant sind, möglich. Eine Fluggesellschaft kann diese Art der Hilfe verweigern, sofern diese die Sicherheit des Flugbetriebs gefährden würde, da sie gegen geltende Sicherheitsanforderungen nach internationalem, nationalem oder EU-Recht oder gegen solche verstößt, die von der Behörde festgelegt wurden, die das Luftverkehrsbetreiberzeugnis ausgestellt hat. Sofern dies nicht gegen die Sicherheitsvorschriften und die Betriebsspezifikationen verstößt, könnten Rollstühle also zu diesem Zweck an Bord zur Verfügung gestellt werden.

In einigen Fällen kann auch die Größe oder Gestaltung der Kabine die Nutzung eines solchen Bord-Rollstuhls verhindern, auf Grundlage des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung oder nach den von der zuständigen nationalen Behörde angenommenen Spezifikationen des Betriebshandbuchs gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a.

Ein weiteres Problem könnte die Tatsache darstellen, dass Luftfahrtunternehmen vor der Überlegung, wie einer Person mit eingeschränkter Mobilität beim Aufsuchen der Toilette geholfen werden kann, beurteilen würden, ob die Toiletten der Behinderung dieser Person angepasst sind (besondere Gestaltung und ausreichend Platz), da die Verpflichtung zur Hilfeleistung nicht die eigentliche Nutzung der Toiletten umfasst.
In der Tat enthält die Verordnung gegenwärtig lediglich die Empfehlung, dass Luftfahrtunternehmen die Toiletten anpassen sollten, um den Bedürfnissen von Personen mit eingeschränkter Mobilität zu entsprechen, jedoch nicht die Verpflichtung dazu.

Der Beschwerdemechanismus bei Nichterfüllung der von der Verordnung gestellten Anforderungen fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Kommission steht jedoch in engem Kontakt mit den nationalen Aufsichtsbehörden, insbesondere durch regelmäßige Sitzungen.

Derzeit prüft die Kommission die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 und wird dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Ende 2010 einen Bericht vorlegen.

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