Antidiskriminierungsstelle

Mit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) am 18. August 2006 wurde die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) errichtet.

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Anfrage 20.6.2008

Es geht um das Thema Fliegen. Der Vorfall der Diskriminierung ereignet sich täglich, beteiligt sind alle Fluggesellschaften Deutschlands (und Europas).

Bis heute kann ich als mobilitätseingeschränkter Passagier aufgrund
der Weigerung von Fluggesellschaften Barrierefreiheit auf Kontinentalflügen zu gewährleisten noch immer kein WC aufsuchen.

Die Deutsche Lufthansa AG z.B. stellt auf deutschen und europäischen Flügen auch bei Voranmeldung noch nicht einmal einen Bordrollstuhl bereit. Ein Bordrollstuhl würde mir (PRMs) den Weg zur Toilette ermöglichen.

Jetzt kündigt die Deutsche Lufthansa an gegen EU Recht verstoßen zu wollen. In einer E-Mail schreibt sie: Wortwörtlich heißt es in dem Schreiben der Lufthansa vom 18.6.2008, dass sie „keine zukunftsnahe Änderung in Aussicht stellen“.

Auch nach Inkrafttreten der EU Verordnung Nr.1107 am 26.07.2008 werden PRM’s  (Persons with reduced mobility) also keine Toilette aufsuchen können.

Damit verstößt die Lufthansa gegen dann geltendes EU Recht.

Ich hoffe Sie können weiterhelfen. Ich bin für jede Anregung dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Kay Macquarrie

Antwort 23.6.08

Sehr geehrter Herr Macquarrie,

vielen Dank für Ihre E-Mail an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Gern geben wir Ihnen einige Hinweise:

Zu unseren Aufgaben gehört es, im Hinblick auf Benachteiligungen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beraten. Dieses Gesetz schützt bei alltäglichen Rechtsgeschäften, beispielsweise auch einer Flugreise, vor Benachteiligungen wegen einer Behinderung. Das heißt, dass Personen wegen ihrer Behinderung grundsätzlich nicht ungünstiger behandelt werden dürfen als andere Personen (ohne Behinderung) in vergleichbarer Situation. Nach Ihrer Schilderung geht es allerdings weniger um dieses Benachteiligungsverbot als vielmehr um die Bereitstellung besonderer Hilfsmittel, welche Reisenden mit Mobilitätseinschränkungen die einzelnen Einrichtungen und Angebote an Bord zugänglich und nutzbar machen sollen.

Diese so genannte Barrierefreiheit ist ein Kernstück des Gesetzes zur
Gleichstellung behinderter Menschen (BBG). Dessen Regelungen sind ein spezieller Teil des gesamten Gleichstellungs-, Gleichbehandlungs- bzw. Antidiskriminierungsrechts.

Für Fragen dazu ist die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen speziell zuständig, daher würden wir Ihre Nachricht gern dorthin weiterleiten. Sofern Sie dies wünschen, geben Sie uns bitte eine kurze Rückmeldung.

Natürlich haben Sie ebenfalls die Möglichkeit, sich selbstständig dorthin zu wenden:

Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Frau Karin Evers-Meyer, 11017 Berlin, Telefon 030 18 – 527-29 44, Fax 030 18 – 527-18 71, E-Mail info@behindertenbeauftragte.de

Freundliche Grüße

Im Auftrag

Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Referat ADS-B – Beratung, Vermittlung, Mediation

Anfrage 25.6.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Antwortschreiben.

Meines Erachtens verstößt die derzeitige Situation an Bord von Flugzeugen sowohl gegen das BBG wie auch gegen das AGG.

PRM’s sind an Bord eindeutig benachteiligt, da sie keine Möglichkeit haben, eine Toilette aufzusuchen prinzipiell als erster das Flugzeug besteigen müssen und als letzte Passagiere das Flugzeug verlassen müssen, was die Aufenthaltsdauer unnötig verlängert – was insbesondere deswegen stark diskriminierend und menschenunwürdig ist, weil PRM’s keine Toilette aufsuchen können.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Zuständigkeit intern mit der Beauftragten Frau Evers-Meyer klären könnten.

mit freundlichen Grüßen

Kay Macquarrie

Antwort 1.7.2008

Sehr geehrter Herr Macquarrie,

Ihre Verärgerung angesichts der geschilderten Toilettensituation in Flugzeugen ist durchaus nachvollziehbar.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bietet hier dennoch keine rechtlichen Vorgehensmöglichkeiten. Ziel dieses Gesetzes ist es unter anderem, bei der Nutzung öffentlich angebotener Waren und Dienstleistungen willkürliche Benachteiligungen wegen einer Behinderung zu unterbinden. Dies schließt aber nicht die Verpflichtung ein, vorhandene Angebote mit besonderen – wenn auch bei Mobilitätseinschränkungen erforderlichen – baulichen Einrichtungen auszustatten.

Dies wiederum ist Sinn und Zweck der bereits angesprochenen Barrierefreiheit, welche generell im Behindertengleichstellungsgesetz, nicht aber im AGG verankert ist. Unseres Wissens ist die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen hierzu im Gespräch mit Behindertenverbänden, Flughäfen und Fluggesellschaften.

Auf Ihre Rückmeldung hin haben wir Ihre Anfrage nunmehr dorthin weitergeleitet. Die Antwort wird Ihnen die Beauftragte direkt zusenden. Für weitere Rückfragen teilen wir Ihnen gern nochmals folgende Kontaktdaten mit:

Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, 11017 Berlin, Telefon: 030 18 – 527-29 44, Telefax: 030 18 – 527-18 71, E-Mail: info@behindertenbeauftragte.de, Internet: www.behindertenbeauftragte.de

Freundliche Grüße

Im Auftrag

Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Referat ADS-B – Beratung, Vermittlung, Mediation

Weiter zur Antwort der Bundesbeauftragten (22.7.2008)

Anfrage 20.11.2009

Siehe offener Brief an die Antidiskriminierungsstelle

Antwort 15.12.2009

Sehr geehrter Herr Macquarrie,

vielen Dank für Ihre Eingabe vom 20. November 2009. Da Frau Lüders das Amt der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bislang noch nicht angetreten hat, dürfte es noch einige Zeit dauern, bis sie sich mit ihr wird befassen können. Wir bitten Sie diesbezüglich um Geduld und um Ihr Verständnis.

Unabhängig davon haben wir in der Zwischenzeit gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen über Maßnahmen beraten, um in Ihrer Sache Fortschritte zu erzielen. Wir verstehen Ihr Anliegen dahingehend, dass die Flugunternehmen zu einer einheitlichen Praxis gelangen und in Zukunft auf allen Kurzstreckenflügen Bordrollstühle für an Bord befindliche gehbehinderte Fluggäste zur Verfügung stellen sollen. Wie Ihnen nach unseren Informationen bereits von der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen mitgeteilt worden ist, könnte dieses Anliegen bei der Internationalen Luftfahrtausstellung im Juni 2010 thematisiert und ein direkter Kontakt zu den Vertretern der Luftfahrtunternehmen ermöglicht werden. Vorab könnte der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften angeschrieben werden, damit von dort den deutschen Flugunternehmen der Inhalt und die Reichweite ihrer Verpflichtung aus der EG-Verordnung Nr. 1107/2006, Bordtoiletten für behinderte Fluggäste erreichbar zu machen, verdeutlicht wird.

Wir können nur erneut darauf verweisen, dass die Herstellung von Barrierefreiheit als öffentliche Aufgabe nicht in den Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und damit nicht in unseren Aufgabenbereich fällt (ausführlich begründet bei Hey, AGG (2009), § 19, Rn. 17 ff.). Mit Ihrem Einverständnis würden wir Ihre letzte Eingabe an die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen weiterleiten, damit von dort aus die oben beschriebenen Schritte in die Wege geleitet werden können.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

Antidiskriminierungsstelle des Bundes

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