Geburtstag! EU Flugverordnung wird 1

Am 26.7.2008 trat die EU Veordnung für barrierefreies Fliegen in Kraft. Ein Jahr ist das nun her. Doch was hat sich konkret getan? Kommen mobilitätseingeschränkte Passagiere – Passagiere mit Rollstuhl zum Beispiel – mittlerweile im Flieger aufs Klo?

Klar, die Verordnung mag das Bewußtsein geschärft haben – insbesondere bei den Flugunternehmen. Wurde das Klientel von Passagieren mit Mobilitätseinschränkung zuvor einfach ignoriert (jedenfalls hatte ich diesen Eindruck), werden Fluggesellschaften nun durch die EU immerhin auf ihre Pflichten hingewiesen.

Deutsche Lufthansa ohne Bordrollstuhl
Deutsche Lufthansa auch 2009 ohne Bordrollstuhl

So weit so gut. Doch sind wir bereits über den Stand hinaus, dass das Problem erkannt und schriftlich formuliert  ist?

Beispiel Lufthansa

Eines der größten Luftfahrtunternehmen weltweit ist die Deutsche Lufthansa. Doch auch sie weigert sich standhaft, Flüge barrierefrei zu gestalten. Dies sei zu teuer und wirtschaftlich nicht sinnvoll, so Unternehmenssprecher Jan Bärwalde in einem Interview mit der Deutschen Welle.

Und selbst ein kleiner, handlicher Bordrollstuhl wird auf Kurz- und Mittelstreckenflügen noch immer nicht zur Verfügung gestellt. Ganz im Gegensatz zu einer Verlautbarung der Lufthansa vom November 2008 in den Kieler Nachrichten. Hier kündigte das Luftfahrtunternehmen an, diesen „Service“ ab sofort anzubieten. Darüber berichtete auch der NDR in einem kurzen Filmclip. Alles nur PR-Taktik?

Meinen Flug mit Lufthansa im Juni 2009 mußte ich jedenfalls erneut ohne Bordrollstuhl antreten und das trotz mehrfacher und rechtzeitiger Anmeldung meines Bedarfs per E-Mail und Telefon. Die Aussage der Hotline lautete immer wieder: von einem Bordrollstuhl auf Kurzstreckenflügen wissen wir nichts, den bieten wir nur auf Langstrecken an.

Beispiel Ryan Air

Es ist ja nicht so, dass die EU Verordnung nur der Deutschen Lufthansa unwichtig erscheint. Auch Ryanair hält sich nicht an die Regelung und geht sogar noch einen Schritt weiter.  Wer nicht alleine auf Klo gehen könne, der müsse eine Begleitperson mitnehmen!

Bleibt die Frage, wie eine Begleitperson es schaffen soll einen Passagier, der nicht laufen kann, zur Toilette zu bringen, wenn es keinen Bordrollstuhl gibt. Huckepack oder hinter sich her schleifend?! Liebes Ryanair Team: eine Begleitperson ersetzt keinen Bordrollstuhl!

Beispiel Namenlos* und Gelöscht*

Mit Namenlos flog ich im April 2009 von Hamburg über Amsterdam nach Shanghai. Trotz Einsatz moderner und strukturell barrierefreier Flugzeugtypen wieder kein Bordrollstuhl.

Und übrigens: Das häufig gebrachte Argument, ein Bordrollstuhl „sei zu eng für die schmalen Gänge im Flieger“ gilt allein schon deswegen nicht, weil ich als PRM per Bordrollstuhl in das Flugzeug hineinkomme. Sonst könnte ich das Flugzeug ja gar nicht erst besteigen.

Mit Gelöscht ging es im September von Hamburg über Paris in die USA. Natürlich ohne Bordrollstuhl. Die absurde Begründung:

Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität müssen selbständig in der Lage sein, den Weg zu den Toiletten, zu bewerkstelligen.

*Namenlos und Gelöscht darf ich aus rechtlichen Gründen nicht mehr beim Namen nennen.

Beispiel Zuschriften

Per E-Mail, telefonisch und per Post erreichen mich Zuschriften von Menschen, die auf ähnliche Probleme stossen, wie oben geschildert.  Darunter auch Menschen, die Fluggesellschaften per Einstweiliger Verfügung dazu zwangen, einen Bordrollstuhl mit sich zu führen. Auch ich habe im April 2009 eine Einstweilige Verfügung gegen eine Luftunternehmen eingereicht. Leider musste ich die Verfügung zurücknehmen, weil mir die Airline drohte, mich nicht alleine zu befördern. Sie bestand auf eine Begleitperson.

Unterm Strich

Auf dem ersten Blick scheint die Flugverordnung nicht viel gebracht zu haben:

  • Kein Bordrollstuhl auf Kurz- und Mittelstrecke
  • Kein Zugang zur Toilette für Passagiere mit Gehbinderung
  • Mangelhafte Auskunft an den Hotlines
  • Mangelhaft geschultes Crewpersonal
  • Keine Möglichkeit, online ein Ticket zu buchen und spezifischen Bedarf anzumelden (z.B. Hilfe beim Ein- und Ausstieg im Flugzeug)

Und doch – vielleicht bewegt sich ja etwas. Immerhin scheinen die Airlines sensibler auf das Thema zu reagieren.  Kürzlich erhielt ich von der Lufthansa ein Schreiben, dass hoffen lässt. Darin heißt es, dass ein Teil der Flugzeuge zur Zeit umgerüstet werden würden, um dann einen Bordrollstuhl mitführen zu können.

Ein Schritt näher Richtung barrierefreiem Flugverkehr?

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